Mit Ausschlafen war heute nichts. Zu sehr jucken die Gelsenstiche, weitere Gelsen schwirren um uns und die Beine sind etwas rastlos von gestern. Beim Aufstehen merken wir, dass wir die winzigen Ameisen, vor denen überall gewarnt wird und über die die anderen Campingplatzgäste sich hauptsächlich unterhalten nun auch bei uns im Bus sind. Ein paar Straßen führen über unsere Vorhänge, Tisch und Küche. Schnell beseitigen wir jegliche Reste, Müll und unabgewaschenes Geschirr (mit dem wir auch bisher schon vorsichtig waren). Nicht so schlimm, denn wir werden heute sowieso weiter fahren.

Nach einem gemütlichen Frühstück packen wir all unsere Campingutensilien ein und verlassen den Campingplatz und die Sorrento-Halbinsel und fahren zurück auf die Autobahn Richtung Süden. Nachdem der Empfang zuletzt sehr dürftig war und auch das Wifi am Campingplatz nicht gut funktioniert hat, wollen wir bei einer Autobahnraststätte mit Wifi stoppen. Doch wir merken, dass die Qualität der Autogrills Richtung Süden wohl abnimmt, denn wir finden keine. Auch Trinkwasser gibt es keines mehr zur Entnahme. Die Raststätten sind dennoch sehr überfüllt und die italienische Kaffeekultur mit einem Espresso um 1,5€ und einem Verlängerten um 2,2€ findet reißenden Absatz. Einige Kilometer später stoppen wir wieder bei einer und Kaufen uns Caprese, Weißbrot, ein Foccacia und ein Vanillecroissant (letzteres nur für den ausgehungerten Lukas). Doch lange stehen bleiben spielt sich nicht, obwohl unser Camper weiß und gut isoliert ist und wir die Klima dauernd an hatten, heizt sich der Innenraum schnell auf. Draußen hat es jenseits der 30° und ist extrem drückend. Also schnell weiter, wir haben sowieso einiges an Strecke vor uns. Wir durchqueren weite, einsame Gebiete. Hügeliger, bergiger und grüner als wir es erwartet hätten. Die Anzahl der Autobahnbrücken ist absolut unübertroffen, leider die Höhenunterschiede der Dehnfugen, welche zum Teil alle 30 Meter sind ebenso. Das dauernde „Dhhhggg-Dhhhhggg“, das Klirren unseres Geschirrs und die Erschütterung sind etwas ermüdend. Wir lassen unseren bisherigen Trip etwas Revue passieren und sind uns einig, dass Italien, vor allem der südliche Teil wirklich sehr heruntergekommen und schmutzig ist. Eigentlich ganz und gar nicht einladend. Ich weiß nicht, ob es eine finanzielle oder Mentalitäts-Frage ist, aber ein schönes Einfamilienhaus mit Garten oder gar auch eine moderne Mehrparteienanlage gibt es schlicht und ergreifend nicht. Jedes Gebäude scheint mindestens 30 Jahre alt zu sein und die Fassaden lösen sich bereits auf. Wir fühlen uns eigentlich weder sehr willkommen, noch sehr wohl. Fast schon mit einem schlechten Gewissen reisen wir durch’s Land – irgendwie zu wohlhabend. Aber zurück zur eigentlichen Reise. Eva fährt den Großteil der Strecke, während ich für die Firma noch ein paar Sachen versuche abzuschließen, die ich vor dem Urlaub nicht mehr geschafft habe. Damit wir aber nicht nur Autobahn fahren, haben wir beschlossen den letzten Teil von Kalabrien an der Küste zu durchfahren. Also zweigen wir von der Autobahn ab, welche ab Neapel übrigens entgegen unserer Erwartungen kostenlos war und setzen unsere Reise an der Küstenstraße fort. Wir überblicken von oben die steile Küste mit ein paar Städten und fahren in steilen Serpentinen hinab. Am Meer finden wir leider nirgends einen Parkplatz – hätte es sich ergeben – wären wir gerne stehen geblieben und ins Meer gehüpft. Aber mit unserem 6×2,3m Schiff finden wir keine gute Möglichkeit.

Also bleiben nur ein paar kurze Fotostops, ehe wir Villa San Giovanni erreichen. Dort tanken wir unser leeres Gefährt wieder voll. Das muss auf zwei Etappen passieren, da pro Tankvorgang nur 100€ getankt werden können. Der Betrag sollte mit steigender Inflation wohl auch erhöht werden. Danach fahren wir durch die Stadt zum Fährterminal. Zu unserem Schrecken steht bereits bei der Einfahrt „Ticket holders only“ und es ist keine Spur einer Verkaufsstelle vor Ort. Bei den Recherchen zuvor haben wir eigentlich gefunden, dass man es sich vor Ort kaufen können sollte. Doch wie dem auch sei. Wir parken kurz neben der Einfahrt und kaufen Online ein Ticket für stolze 100€. Hätten wir langfristiger vorab reserviert wäre es billiger gewesen, aber was soll’s – so waren wir zumindest gänzlich spontan. Durch’s Ticket kaufen verpassen wir aber um 1 Minute gerade die Fähre, doch die nächste legt bereits ein paar wenige Minuten später an, lädt aus und wir können hinauf. Die Überfahrt dauert keine 25 Minuten – die Aussicht ist jedoch überschaubar. Die Luft ist nach wie vor extrem dunstig und die Sonne dafür aber auch zum Glück recht diffus.


Als wir in Messina vom Deck fahren erwartet uns eine noch heruntergekommenere Stadt, als sie auf Süditalien zu finden waren. Innerlich stelle ich unser Reiseziel etwas in Frage und sehne mich bereits sehr am Kite-Spot anzukommen und dort hoffentlich gute Bedingungen zu haben. Wir durchqueren die Stadt und fahren einmal mehr auf eine Autobahn aus Tunneln und Brücken – diesmal in wirklich schlechtem Zustand – auf, Richtung Palermo im Westen, entlang der Nordküste. Wir stoppen bereits beim ersten Rastplatz und essen noch einen Salat zu Abend und suchen uns online einen Stellplatz für die heutige Nacht. Eva findet einen kleinen relativ provisorischen, privaten Campingplatz, etwa 40 Fahrminuten entfernt. Die Sonne geht bereits unter – aber zu sehen ist sie bei der diffusen Luft sowieso nicht. Wir kommen jedoch bei angebrochener Dunkelheit bei dem besagten Stellplatz an, werden von einer minimal deutsch sprechenden Italienerin hastig herumgeführt – immerhin ist ihre bestellte Pizza gerade gekommen – und zahlen 25€ für eine Nacht. Die Wiese auf der wir stehen ist direkt hinter dem Strand und wir schauen in der Dunkelheit noch kurz zum Meer hinunter. Es hat immer noch 28° und ich bin mir noch nicht sicher, wie wir bei den Temperaturen schlafen können sollen. Zumindest haben wir nun Frischwasser, Wifi und eine kalte Dusche.
Anmerkung von Eva: ich fand es drückend heiß und die Städte schon sehr einfach und die Häuser eher heruntergekommen, aber nicht allser Ganzes so katastrophal, dass ich das Unternehmen hinterfragt hätte. Freu‘ mich trotz allem da zu sein, das italienische Flair zu erleben und Urlaub hier genießen zu dürfen.
Anmerkung von Lukas zu Anmerkung von Eva: „allser“ haha :‘)