Unser heutiges Programm erfordert kein frühes Aufstehen. Trotzdem sind wir schon um 5 auf, nachdem unser Schlafrhythmus schon auf früh aufstehen getrimmt ist. Auch nicht schlecht, so haben wir gemütlich Zeit, um all unser Zeug einzupacken und zu frühstücken. Es hat wieder um die 5 Grad und wir sitzen mit Jacke auf der Terrasse bei spektakulärer Kulisse, nachdem die Sonne bereits die Berge rund um den Cirque anscheint.
Wir müssen unser Zimmer bei Alain bis 10:00 auschecken, daher packen wir schon alles ins Auto und haben aber mit Alain ausgemacht, dass wir zu Mittag noch seine Küche verwenden dürfen um zu kochen und Mittag zu essen. Um 08:00 starten wir unsere heutige Wanderung. Wir verzichten auf’s Auto und spazieren einen Kilometer und einige Höhenmeter durch die Ausläufer von Cilaos, ehe wir den Wanderweg erreichen, der uns zu „Le Chapelle“ bringt. Das ist eine gewaltige Höhle bzw. Schlucht, aus der ein kleiner Fluss herauskommt. Wir wandern bei angenehmen morgendlichen Temperaturen durch lichte Wälder und überqueren ein paar kleine Bäche. Der Weg führt in Summe etwa 500 Höhenmeter abwärts, mit einigen Zwischenanstiegen. Nach einer guten Stunde erreichen wir einen Aussichtspunkt, an dem wir unser Ziel bereits sehen können: In einer etwa hundert Meter hohen Felswand tut sich ein sich nach oben verjüngender Spalt auf, aus dem unten der Fluss fließt. Vor dem Eingang liegen meterhohe Felsbrocken, welche sich im Laufe der Zeit wohl aus der Steilwand gelöst haben. Das Ganze hat wirklich beeindruckende Dimensionen und das Gestein ist erstaunlicherweise nicht so schwarz vulkanartig wie sonst, sondern heller und zum Teil sogar fast weiß.

Wir gehen die letzten Meter hinab zum Fluss und erklimmen dann wiederum in einem Spießrutenlauf mit einigen Flussüberquerungen über Steinblöcke die letzten Meter bis zum Schluchteingang.

Dort scheint jedoch noch keine Sonne hin, nachdem es erst kurz nach 9 ist – wir hatten gelesen, dass nur ganz kurz jeden Tag zwischen 10 und 12 Uhr je nach Jahreszeit die Sonne in den Felsspalt leuchtet. Also rasten wir auf einem großen Steinblock und genehmigen uns schon eine Kostprobe unseres Mittagessens. Als es dann kurz nach 10 ist, kommt die Sonne langsam in den Richtigen Winkel um die oben nur wenige Meter breite Schlucht bis auf ihren Grund zu beleuchten. Das nehmen wir uns zum Anlass unsere Hosen aufzukrempeln bzw. auszuziehen und waten durch den eiskalten Fluss hinein in die Schlucht auf eine gegenüberliegende Schotterbank.

Über unseren Köpfen schwirren viele Schwalben herum, es scheint als gäbe es fette Beute, denn es sind wirklich viele und es ist wirklich laut von ihrem Gezwitscher. Leider schwimmen auch 2,3 Leichen im Wasser und die Steine sind komplett voller Vogelkot. Etwas angeekelt (wir sind immerhin bloßfüßig unterwegs) gehen wir weiter, realisieren jedoch, dass ein paar Meter später das Wasser so tief ist, dass man nicht mehr gehen kann, sondern entgegen dem Strom schwimmen muss. Also lassen wir die Rucksäcke auf der Kiesbank zurück, ziehen uns bis auf die Unterwäsche aus und springen ins Wasser. Es ist wirklich eisig, zumal die Lufttemperatur in der Schlucht auch wirklich gering ist und das kalte Wasser einen ebenso kalten Wind mitbringt. Nur mit GoPro und Handy, welche beide wasserdicht sind, schwimmen wir um die nächste Ecke und sind entzückt. Das Licht kommt in einem schmalen Strahl perfekt von oben rein und beleuchtet das Wasser mystisch grün. Ober uns schwirren die Schwalben und ein großer Felsblock ist ober uns eingeklemmt. Ein paar Meter weiter in der Schlucht ist ein kleiner Wasserfall, welcher allerdings auch unser weiteres Vorkommen unmöglich macht. Wir haben die Zeit perfekt erwischt, denn mit jeder Minute kommt mehr Licht von oben rein und hüllt die „Chapelle“ in eine geniale Stimmung. Einige andere Leute kommen uns nach und schwimmen auch um die Ecke.


Lange halte ich es aber leider nicht aus und ich muss wieder rausschwimmen, denn ich zittere schon unkontrolliert am ganzen Körper vor lauter Kälte. Nochmal rein ins kalte Nass, schnell zurück geschwommen und die letzten Meter wieder aus der Schlucht raus gewatet durch das hüfttiefe Wasser. Vor der Schlucht stellen wir uns auf einen der großen Felsen in die Sonne und wärmen uns wieder auf. Als wir einigermaßen trocken sind, schultern wir wieder unser Gepäck und machen uns auf den Rückweg, damit uns schnell wieder warm wird.
In Summe gehen wir bei dieser Wanderung 8,6km und 704 Höhenmeter runter und wieder rauf. Um 12:30 sind wir wieder bei Alain zurück und kochen uns zwei Portionen Nudeln – eine zum direkt Essen und eine zum Mitnehmen. Wir rasten kurz bei ihm im Garten, ehe wir uns verabschieden und unsere Reise fortsetzen. Es ist etwa 14:30 und wir kommen nach nur 15 Minuten Fahrt etwas oberhalb bzw. südlich von Cilaos zum Ausgangspunkt unserer nächsten Wanderung. Wir haben Glück, denn obwohl bereits Nachmittag ist, hält sich die Bewölkung und der Nebel in Grenzen und Regen war laut Wettervorhersage sowieso keiner zu erwarten. Wir machen noch ein 20 Minuten Schläfchen im Auto, ehe wir unsere Rucksäcke schultern und unseren Aufstieg auf den Piton de Neiges, dem höchsten Berg der Insel, starten. Die heutige geplante Etappe führt uns 1100 Höhenmeter hinauf auf den Kraterrand des Cirques de Cilaos, auf welchem wir in einer Hütte übernachten werden. Der Anstieg ist äußerst steil. Aus der Ferne hätte ich an und für sich behauptet, dass man die Steile und dicht bewachsene Felswand nicht emporsteigen könnte. Aber der Weg windet sich in Serpentinen und Stufen nach oben. Ich fange an zu realisieren, dass wir wirklich verrückt sind. Neben zwei Kameras, zwei Drohnen, einem Gimbal, Frühstück, Mittag und Abendessen haben wir auch noch eine elektrische Zahnbürste, warme Kleidung, Wasser, Obst und sogar eine Sojamilch im Gepäck. Unsere Rucksäcke sind randvoll und folglich wirklich nicht leicht. Nachdem wir auch bereits heftig geschwitzt haben heute, die letzten 3 oder 4 Tage auch jeden Tag mindestens 1000 Höhenmeter gemacht haben und heute bereits mehr als 700 in den Beinen haben, fühlen sich die Rucksäcke gleich noch schwerer und die Beine noch leerer an. Doch tapfer kämpfen und tropfen wir uns nach oben und erreichen mit genialer Aussicht und zwei oder drei kurzen Pausen die angestrebte Hütte. Die 1100 Höhenmeter erledigten wir in nur 4,6km Strecke – das sollte eine Vorstellung geben, wie steil es war.
Wir checken in unser Zimmer mit der Nummer 15 ein. Passend dazu gibt es 15 Schlafplätze, aufgeteilt in 5 dreistöckige Betten.


Die Hütte ist vollkommen ausgebucht (wir haben zum Glück schon vor über einem Monat reserviert). Als wir ankommen gibt es gerade Abendessen, welches wir aber nicht bestellt haben. Stattdessen waschen wir uns schnell und ziehen uns frische und wärmere Klamotten an und gehen nochmals 200 Meter zurück an die Abrisskante bzw. Aussichtspunkt auf den Cirque de Cilaos. Den Sonnenuntergang haben wir leider gerade verpasst, doch wir werden trotzdem Zeugen einer genialen Lichtstimmung mit vereinzelten Wolken unter uns.

Glücklich genießen wir den Ausblick, ehe wir zurück in die Hütte gehen und uns gleich ins Bett legen. Zu unserer positiven Überraschung legen sich auch alle anderen innerhalb der nächsten halben Stunde schon ins Bett und so ist schon kurz nach 20:00 Nachtruhe eingekehrt. Wir hatten leider keine Hüttenschlafsäcke mitgebracht, so liege ich voll bekleidet auf der Plastikmatratze mit meiner Jacke als Unterlage und einer warmen Decke über meinen Füßen. Die Luft im gut gefüllten Raum wärmt sich schnell auf, auch ohne zusätzliche Heizung. Ich freue mich über meine Noise-Canceling Headphones, mit welchen ich in meiner eigenen, ruhigen Welt sehr schnell einschlafe.
4 Antworten zu “Tag 31 – La Cathedrale & zur Piton de Neige – Hütte”
Phänomenal was ihr alles macht – und das Wetter spielt auch gut mit. Traumhaft!
Ja, das Wetter überrascht uns nun schon seit Tagen sehr positiv. Obwohl wir uns vor allem nachmittags auf Schlechtwetter einstellten, lacht dann doch die Sonne und man will sich kaum Pausen gönnen, weils so viel schönes zu entdecken gibts 😅
Ich bin einfach sprachlos ,wie und was man alles erleben kann….
😃😘